Hallo Werner,
Zunächst einmal verstehe ich Deinen Frust - aber ich muss Actias da in Schutz nehmen. Actias ist eine (wie sie selbst schreiben) große internationale Handelsplattform. Die Verantwortlichen dort verdienen zwar mit den Angeboten und Handelsabwicklungen kein Geld, aber sie sind (zumindest zu einem gewissen Teil) nach heutigem Recht dafür verantwortlich, dass über deren Plattform keine gesetzeswidrigen Geschäfte laufen. Ein Tausch, ja selbst eine Schenkung, ist juristisch ein Vertrag und daher verstehe ich, dass man vorsichtig ist/wird.
Was den Sinn oder Unsinn angeht, so ist das immer so eine Sache. Ich habe gestern Abend das Buch eines sehr bekannten deutschen Entomologen, Andreas Segerer (MEG und ZSM), gelesen. Der Titel lautet:

Andreas H. Segerer, Eva Rosenkranz: "Das große Insektensterben - Was es bedeutet und was wir jetzt tun müssen"

Er selbst hat dort einen wunderbaren Vergleich, der das Thema Individuenschutz und Habitatschutz bei wirbellosen Tieren vortrefflich widerspiegelt. Ich gebe diesen mal sinngemäß wieder: Wenn ein großes Unternehmen plötzlich vor dem Konkurs steht, hat man die Möglichkeit: A) Die Produktqualität und die Produktrendiete zu verbessern, oder B) die Werbung zu intensivieren, oder C) Dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter weniger Klopapier von der Toilette klauen.
Nun kann man fragen, welches dieser drei Themen wohl am ehesten relevant ist. Ich denke wir sind uns einig, dass Punkt C) wohl am wenigsten sinnvoll ist... dennoch wird das Unternehmen Privatdetektive einstellen und die Klos mit Kameras überwachen und Sensoren in den Klorollen anbringen, damit die Mitarbeiter bei ihrer nächsten "Sitzung" auch ja nur maximal 3 Blätter benutzen werden... So ähnlich sieht unser Gesetz zum Artenschutz eben aus.

Nun zu Deiner Frage: Wir haben im Entomologenportal keine Börse oder Handelsplattform. Zum einen, weil es solche bereits im Internet an diversen Stellen gibt, zum anderen aber auch, weil wir diese sonst ebenfalls nach Gesetzeslage "überwachen" müssten. Ob und wie bei A. caja in einer in Europa nicht vorkommenden ssp zu verfahren wäre, kann ich Dir daher nicht mal "aus der Hose heraus" beantworten. Ich gehe aber davon aus, wenn Du am Ende Deines Zucht-/Haltungsberichts von A. flavia einen Beitrag schreiben würdest, dass Du ein paar Raupen an interessierte Züchter abgeben möchtest, keine Weltuntergangsstimmung eintreten wird. Es ist halt immer eine Gradwanderung, die mit diesem sehr lehrreichen Hobby verbunden ist. Selbst wenn ich (als "Nicht-Sammler") ein Ei aus der Natur entnehme, davon ein Foto mache (was ich ja bekanntlich gelegentlich tue) und das Ei zurück bringe, muss ich dafür eine Genehmigung haben - toll, denn andere Sorgen haben wir in Deutschland oder Europa ja bekanntlich nicht!!! Nun, ich habe mittlerweile einen Stapel von Genehmigungen - mit vielen Auflagen und noch mehr Kleingedrucktem.

Lange Rede kurzer Sinn: Ich bezweifle sehr, dass die Betreiber von Actias Spaß daran haben, dass es eben alles so kompliziert ist, wie es die Politik/Gesetzgebung macht, aber sich daran zu halten (oder es zumindest zu versuchen!) ist nachvollziehbar. Alles andere erledigt sich vermutlich eh früher oder später von selbst - sei es, weil es keine Lebensräume für Insekten mehr gibt, oder weil die paar wenigen, die sich damit beschäftigen, selbst aussterben. Ich wünsche Dir noch viele Jahre Freude an diesem Hobby und hoffe, dass man endlich neben Frust auch mal etwas Positives finden kann, weil sich vielleicht doch irgendwann die Menschheit dazu bekennt, dass ein potentielles Massensterben (bei Insekten aber auch vielen anderen Tieren und Pflanzen) nicht in unserem Sinne ist und es dabei nicht darum geht, ob Du ein paar caja Raupen verteilst, sondern um ein Problem einer ganz anderen Größenordnung. Bis dahin sage ich: Zurückhaltung mit Internethandel, aber keine Zurückhaltung, wenn tonnenweise Gülle nahe Magerrasen ausgebracht werden oder wenn das 17te Einkaufszentrum neben der Bergbahn planiert werden soll!
Schöne Grüße
Steffen

Hallo Werner,

wenn du wissen willst, ob eine Art geschützt und somit mit Herkunftsnachweis zu handeln ist, hilft dir die Seite WISIA weiter.
Dort gibst du oben links in der Suchzeile den Namen des Tieres ein und dann siehst du, ob da ein Schutzstatus besteht und welcher.

Nun ist es tatsächlich so, daß Arctia flavia keinen!! Schutzstatus hat und somit auch ohne Herkunftsnachweis weitergegeben werden kann.

Arcia caja hingegen hat einen Schutzstatus und kann somit nur mit Herkunftsnachweis weitergegeben werden.

Die Sache ist die, daß Arctia caja in Österreich oder im oben genannten Fall Kanada, vielleicht nicht geschützt ist und du die auch völlig legal aufsammeln und züchten kannst. Wenn dann zum Beispiel ein Kollege aus Ungarn welche will und dort auch kein Schutzstatus besteht, kannst du den jederzeit auch ohne dem Herkunftsnachweis an den Ungarn weitergeben.
Deutschland sagt aber: Du darfst nicht züchten und/oder in Besitz nehmen, wenn du nicht nachweisen kannst, ob du das Tier legal der Natur entnommen hast (Ausnahmegenehmigung) oder legal von einem Züchter erhalten hast, der das darf (Herkunftsnachweis).

Der Sinn oder Unsinn verschwimmt manchmal. Das Konzept an sich ist nicht dumm, die Handhabung wird aber leider falsch gemacht. Ich habe z.B. vor Monaten die Ausnahmegenehmigung für meinen Landkreis beantragt und bis heute noch keine Antwort erhalten, selbst auf Nachfrage.
Nun ist hier in Bayern aber gerade das Thema Insektensterben und Artenvielfalt ganz groß im Rennen und man sollte glauben, daß die Regierung großes Interesse hätte, wenn sich so ein kleiner, privater Hobbyentomologe, kostenfrei und freiwillig durch die Nacht schlägt und auf allen Vieren im Gras rumrobbt um Informationen zu sammeln, die entsprechend wichtig sind.
Ist aber offensichtlich nicht so. Also entweder fehlt mir der Titel, den Steffen hat und somit auch seine Genehmigung hat, oder mein Antrag stößt einfach auf Desinteresse, aus welchen Gründen auch immer.

NG Heiko